Großbeerens neuer Bürgermeister soll bei vielen Einstellungen den Gemeinderat fragen

Großbeeren. Auch ein Saal voll aufgebrachter Bürger änderte nichts: Nach tagelangem Disput in Großbeeren und auf Facebook soll der neue Bürgermeister Tobias Borstel (SPD) Personalentscheidungen bestimmter Einkommensklassen nicht mehr ohne Gemeinderat treffen. Das ist das Ergebnis einer hochemotionalen Gemeinderatssitzung am Donnerstag. Damit bleibt das politische Großbeeren tief gespalten.

Borstel lässt die Entscheidung jetzt rechtlich prüfen, schrieb er am Freitag der MAZ. Außerdem distanziert sich noch in der Nacht der Ex-FDP-Vorsitzende Jan Bartoszek vom Agieren seiner Partei bei dieser Entscheidung. Er war, wie berichtet, im März von den politischen Ämtern im Ort zurückgetreten. Die Situation jetzt sei „besorgniserregend“. Per Mail erklärte er, zur Kommunalwahl im Mai als Einzelkandidat anzutreten, egal, wie schwer das werde. Und er schreibt: „Ich bin nicht bereit, politische Spielchen auf dem Rücken der Bürger oder in diesem Fall der Verwaltungsmitarbeiter auszutragen.“

Bei der Sitzung am Donnerstag war alles anders als sonst: Einwohnerfragestunde – anderthalb Stunden; Rederecht hatten alle. Das wollten die mehr als 100 Gäste in der Hoffnung auf Antworten. Ihre Hauptforderung: Der von CDU, FDP und Linke erst zu dieser Sitzung eingebrachte Antrag zum Ändern der Großbeerener Hauptsatzung soll in Ausschüssen überhaupt erst mal öffentlich diskutiert werden. Vergeblich. Mit zehn zu acht Stimmen wurde der Vorschlag auf den Weg gebracht, zuvor war ein Antrag von Dirk Steinhausen (CDU-Mitglied, aber fraktionslos) auf rechtliche Prüfung abgelehnt worden. Die Antragsteller kritisieren Borstel wegen seiner ersten Personalentscheidungen; er hatte drei Mitarbeitern in der Probezeit gekündigt.

Der Gäste-Unmut im Saal entlud sich teils lautstark. Gekommen waren neben regelmäßigen Besuchern, Erzieher, Verwaltungsmitarbeiter, Senioren- und Ortsbeiräte, ein Bundeswehrsoldat, ein Bundesbeamter. Die politisch Interessierten wollten wissen: Ist das schon Wahlkampf, ist hier die Wahlniederlage nicht verkraftet worden? Was sind die wahren Gründe der Verbissenheit? Warum wurde angesichts des bekannten Mitarbeiter-Unmuts im Rathaus diese Kontrolle bei Personalentscheidungen nicht schon für Vorgänger Carl Ahlgrimm (CDU) eingeführt?

Für die Antragsteller sagte FDP-Fraktionschef Teja Grzeskowiak, man habe die Unzufriedenheit im Rathaus gekannt, doch der Gemeinderat habe nicht eingreifen können, deshalb wolle man ja diese Änderung. Für Helmut Barthel (SPD) hatte der massive Bürgerwille Petitions-Charakter. Auf seinen Antrag hin wurde namentlich abgestimmt und dies protokolliert.

Die Redner-Schlange am Mikrofon im Gemeindesaal war lang. Jutta Abromeit

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